Drei Dinge waren ihm besonders wichtig: Mitbestimmung, Information und Pädagogik.
Mitbestimmung ernstgenommen
Er schuf Gremien, welchen er ein großes Mitentscheidungsrecht einräumte: den Direktionsrat und die Steuergruppe. Die Steuergruppe sollte Vorschläge und Konzepte für die Schulentwicklung ausarbeiten; nicht nur Lehrpersonen brachten dort ihre Ideen ein, nein, auch Schüler/innen durften mitreden. Dies ein Novum, das es in Südtirols Schulwelt nur an zwei Orten gibt. Bei wichtigen Entscheidungen wurde immer der Direktionsrat einbezogen. Direktor Rogger ließ jeden zu Wort kommen, hörte sich alle Meinungen an, oft ließ er sich auch umstimmen, wenn ihm Gegenargumente wichtig schienen. Diese Stärke war gleichzeitig auch seine Schwäche – weil er jede Meinung ernstnahm, zauderte er manchmal, wenn es galt, Entscheidungen zu treffen; er wollte niemandem „wehtun". Seine Kompromissbereitschaft zeichnet ihn aus, ist ein Grundzug seiner Persönlichkeit – und wurde zum Teil im Kollegium überstrapaziert.
Auch dem Schulamt hat er viele Kompromisse abgerungen, wenn es galt, Ressourcen für die Schule freizusetzen – getreu nach dem Motto „Do ut des" (in einem Punkt nachgeben, dafür in einem anderen Recht bekommen). Durch seine geschickte Verhandlungsweise hat er es einige Male geschafft, die WFO vor ungnädigem Sparzwang und hartem Zurechtstutzen zu bewahren.
Information digitalisiert
Informationen allen weiterzugeben, für die sie von Interesse sind, war ihm ein großes Anliegen. Die Zeit der mühsamen Suche nach Rundschreiben an der Anschlagtafel war vorbei, jetzt fand man diese im digitalen Postfach. Termine, Sitzungsprotokolle, Schulamtsbeschlüsse, Fortbildungsangebote – alles wurde umstandslos weitergeleitet. Sich jeden Tag an den PC zu setzen und einen Blick ins Postfach zu werfen, daran mussten sich aber viele erst gewöhnen. Wer dies versäumte, hatte aber immer noch die Möglichkeit, auf den zwei Info-Screens nachzuschauen – auch diese eine Errungenschaft der Ära Rogger. Das Geld dafür hatte er bei privaten Sponsoren flüssiggemacht.
E-Mails an die Lehrpersonen wurden oft auch zu nächtlicher Stunde abgesandt, was anfangs noch für allgemeine Verwunderung sorgte. Ein Direktor, der immer im Dienst ist – nein, das ist zu viel des Guten! Hansjörg Rogger hat seine persönlichen Ressourcen manchmal zu wenig geschont, sich dem Schulbetrieb gegenüber zu wenig abgegrenzt. Das ist eine Lehre, die er aus den Jahren an der WFO sicher gezogen hat.
Neue Formen der Pädagogik
Mehr als ein Verwalter war er ein vorausschauender Pädagoge. Die Bürokratie war ihm ein notwendiges Übel; pädagogische Konzepte zu entwickeln, methodische Vielfalt zu fördern, das war seine Passion. Bei der Umsetzung der zahlreichen Ideen, die seinen Grübeleien entsprangen, fehlte ihm manchmal der lange Atem, aber vieles hat er in Gang gebracht und sich bei der Beschaffung der notwendigen Ressourcen sehr ins Zeug gelegt. Der pädagogische Tag wurde eingeführt: Das Kollegium sollte sich mit grundlegenden Fragen der Pädagogik abseits des hektischen Schulalltags in Ruhe auseinandersetzen und die eigene Arbeit überdenken. Die Sprachenkoordinatorinnen entwickelten fächerübergreifende Projekte, welche jedes Jahr aufs Neue weitergeführt wurden. Die Lernplattform Moodle wurde zur Pflicht; dort wird e-learning betrieben, die Kompetenzbewertung abgespeichert, wichtige Schuldokumente sind nur dort zu finden. Und wer sich bis zuletzt sträubte, sich damit zu befassen, musste feststellen, dass jedes Jahr aufs Neue Einschulungen angeboten wurden, so dass irgendwann jede/r den Widerstand aufgab. Mittlerweile sind uns diese Dinge zur Gewohnheit geworden; nur ab und zu ein Murren noch, wenn man es versäumt hat, rechtzeitig Daten einzuspeichern.
Der nüchternen Wirtschaftsschule ein wenig Wärme einzuhauchen – auch das ist ihm gelungen. Schulfeiern tragen zur Förderung des Gemeinschaftsgeistes und zur Identifikation bei, deshalb wurden Weihnachts- und Abschlussfeste für die gesamte Schulgemeinschaft organisiert. Es gab sogar Faschingspartys und Watt-Bewerbe an den Unsinnigen Donnerstagen. Hansjörg Rogger hatte ein untrügliches Gespür für die richtigen Hände, denen er solche Projekte übergab. Und viele Kollegen und Kolleginnen haben unter seiner Ägide erstmals unentdeckte Fähigkeiten und Talente an den Tag gelegt und damit das Schulleben bereichert. Auf seine Anregung hin wurde auch eine Schulband gegründet, welcher es schon seit Jahren gelingt, Schulveranstaltungen weniger trocken aussehen zu lassen.
Auch die „Hausnachrichten", mittlerweile sieben Jahre alt, gehen auf seine Initiative zurück. Ebenso wie die Schul-Homepage ein Mittel der Information und des Marketings.
Die Nachricht, dass er geht, hat viele von uns überrascht und bestürzt. Die Annahme, dass Hansjörg Rogger sich zu 100% mit der WFO identifiziert, war plötzlich nicht mehr gültig – das musste man erst einmal zur Kenntnis nehmen. Es war aber auch zu verstehen, dass er angesichts gewisser Schwierigkeiten einen Neuanfang wagen wollte.
Aber wir werden ihn nicht vergessen. Er hat die WFO maßgeblich geprägt – und dies kann nicht jeder Direktor von sich sagen!
Klara Rieder